Von Quarten und Quinten, Stacheln und Kinnhaltern – Grundlage des Orchesters sind die Streicher. Nicht nur deshalb gilt es in der Welt der Violinen, Celli und eingegangenen Kontrabässe, Bögen zu schlagen: Denn wenn es wild wird, reißt man sich auch mal die Haare aus…
Bruno und Paul erzählen uns vom Streicher-Dasein im Orchester – seien Sie gespannt!
Lieber Bruno, lieber Paul, vorab: Was macht Streicher so besonders?
Bruno: Im Gegensatz zu allen anderen Instrumentengruppen sind wir immer beschäftigt. Inwieweit man das jetzt gut oder schlecht findet, kann jeder für sich entscheiden…
Und was ist die größte Herausforderung, wenn man als Streicher im Orchester spielt?
Paul: Die größte Herausforderung für uns Streicher ist es, innerhalb unserer Stimmen – die ja zum Teil aus bis zu 20 Personen bestehen können – gemeinsam zu phrasieren und möglichst exakt mit unseren Stimmführern zusammen zu spielen. Und das trotz der räumlichen Entfernung und der eingeschränkten Sicht, die das Ganze oft nicht einfach machen…
Als Streicher hat man es im Orchester klanglich nicht immer leicht – vom Schlagwerk zugedonnert, von den Bläsern zugedröhnt. Freut man sich, wenn man das Publikum von einem nicht immer alles hört, oder ist das einfach nur nervig?
Paul: Dazu muss man erst einmal sagen, dass es einen Unterschied zwischen dem gibt, was wir Musiker hören, und dem, was beim Publikum ankommt. Innerhalb der Streicher ist der Streicherklang beim Spielen eigentlich immer der dominante, auch wenn der Zuhörer davon nicht immer so viel mitbekommt. Schade finde ich das nicht, dafür ist schließlich der Dirigent da, um sicherzustellen, dass die Balance zwischen den Gruppen stimmt. Sonst freut man sich auch ab und an, dass man an bestimmten Stellen nicht perfekt spielen muss… Da spricht man dann vom „Schutzblech“.
Streicher können ja weit mehr als nur auf Saiten hin und her fiedeln. Was gibt es denn alles so für Spieltechniken und was ist das Witzigste, was Ihr mal (ggf. im Orchester) spielen musstet?
Bruno: Es gibt natürlich die beiden gängigen Techniken, Streichen und Pizzicato. Das Streichen wiederum kann man in unzählige Einzel-Techniken unterteilen: abhängig von der Kontaktstelle –von ganz nah am Steg bis auf dem Griffbrett – gesprungen, legato, und vieles mehr.
Paul: Beim Pizzicato ist vor allem der „Bartok-Pizz“ bekannt, bei dem man die die Saite so weit hochzieht, dass sie mit einem Knall aufs Griffbrett schlägt.
Dann gibt es auch die seltsamsten Techniken… Was mir bisher begegnet ist: Einmal das Streichen und Zupfen auf dem kurzen Stück Saite hinter dem Steg. Noch spannender war es, als man die Bogenhaare auf der Rückseite des Instrumentes drücken und drehen musste, das hat dann Geräusche wie splitterndes Holz erzeugt.
Im Gegensatz zu allen anderen Instrumentengruppen sind Streicher nicht solistisch besetzt, sondern agieren als Gruppe. Findet ihr das gut oder würdet ihr euch manchmal mehr Solopassagen wünschen? Und was sind die Besonderheiten am Spielen in der Gruppe? Was ist das Tollste am Streicher-Dasein im Orchester?
Paul: Das Tollste am Streicher-Dasein ist die Gruppe um einen herum. Besonders, wenn man sich auf die verlassen kann, dann braucht man nicht immer mitzuzählen, kann ab und zu auch mal etwas abschalten, einfach die Musik genießen und trotzdem noch problemlos mitspielen.
Euer Lieblings-Bratscherwitz?
Bruno: Es gibt gar keine Bratscherwitze, de sind alle wahr.
Paul: Gut, dass ich im Orchester Geige spiele… „Was ist der Unterschied zwischen dem ersten und dem letzten Pult der Bratschen? – 2 Takte“
Und zum Schluss: Was wäre Eure Lieblings-Violinen/Viola/Cellostelle in einem Orchesterstück? Trotz der schier unendlichen Auswahl…
Paul: Ich bin im Orchester – wie viele Bratscher – ja zweigleisig unterwegs. Bei den Geigen wäre meine Lieblingsstelle in Dvoraks 8. Sinfonie, der Anfang des 3. Satzes. Als Bratscher wäre es dann das Bratschensolo in Sibelius‘ Violinkonzert, irgendwann im Lauf des 1. Satzes.
Bruno: Bei den Celli gibt es einfach viel zu viele tolle Stellen… Toll sind aber „La Mer“ von Claude Debussy (Minute 4.35 und der Anfang des 4. Satzes aus Beethovens 9. Sinfonie, zusammen mit den Kontrabässen).
Samstag, 17. Mai 2025, 18:00 Uhr, FILUM Konzertsaal
Das Interview führte Felix Richard-Kömen
„Fünf sein… eins werden!“ – ein Orchesterkonzert der besonderen Art im Rahmen des Deutschen Jugendorchesterpreises!