Filderstadt im März 2021. Bruno sieht seiner Violoncello-Lehrerin Lisa Neßling aufmerksam zu, die ihm im virtuellen Unterricht voller Leidenschaft demonstriert, wie er an seiner Interpretation feilen kann. Zur gleichen Zeit tanzen die Geschwister Mara und Tim durch ihr Kinderzimmer zur Aufnahme eines Frühlingsliedes, das Ina Schwarz und Korinna Zidarov für Gewöhnlich live im EMP-Kurs am FILUM singen würde. Am Vormittag haben die Singgrund-Kinder über die Lehrkräfte an ihren Schulen ein neues Mitsing-Video von Hayley Huff und Monika Grauschopf erhalten. Und nach dem Einzelunterricht im Orchesterspiel, den Musikdirektor Robert Wieland allen Mitgliedern des Jugendsinfonieorchesters einmal pro Woche digital anbietet, lösen diese noch eines seiner musikalischen Rätsel.
Musikschulalltag unter besonderen Bedingungen.
Im vergangenen Jahr wurde an der Musikschule Filderstadt überwiegend virtuell unterrichtet. Eine bisher einmalige Herausforderung, bei der v. a. in der Anfangsphase schnelle, unkonventionelle Wege und Entscheidungen gefragt waren – und eingegangen wurden. Oberstes Ziel dabei war und ist es, das regelmäßige Üben und Musizieren auch mit dem gebotenen Abstand weiterhin zu ermöglichen. Mit Engagement, Improvisations-vermögen und Ausdauer gelang und gelingt es allen Seiten – Schüler*innen, Eltern, Kooperationspartnern, Förderern, Musikschulleitung, Kollegium und Verwaltung – seither, den Kontakt untereinander weit mehr als nur aufrechtzuerhalten.
Alle Akteur*innen, technikaffine Lehrkräfte ebenso wie jene mit wenig Vorerfahrung, haben sich, wie ihr jeweiliges Gegenüber, in den vergangenen Monaten weiterentwickelt, z. B. indem auf der Suche nach dem geeignetsten Kommunikationskanal verschiedenste Möglichkeiten erprobt wurden. Persönliche Räumlichkeiten der Lehrkräfte wurden dafür kurzerhand zum Unterrichtsstudio umfunktioniert und der neue Unterrichtsalltag insbesondere zu Beginn zumeist mit privater Hard- und Software gestaltet.
Dank der Unterstützung durch den Förderverein der Musikschule und die Karl Schlecht Stiftung konnte inzwischen neues Equipment angeschafft werden, das den Lehrkräften für den Unterricht zur Verfügung steht.
Mithilfe der Stadt Filderstadt wurde zudem die digitale Infrastruktur im Musikschulgebäude verbessert.
Parallel dazu haben einzelne Lehrkräfte in Absprache mit der Musikschulleitung die Bereitstellung und Wartung der neuen Geräte übernommen und stehen als Ansprechpartner für alle (technischen) Fragen rund um den Distanzunterricht zur Verfügung.
Neben dem reinen Unterrichtsbetrieb auf digitaler Basis konnten ab dem Frühjahr 2020 auch erste Klassenvorspiele stattfinden.
Schüler*innen und Eltern erhielten die zuhause aufgenommenen Einzelbeiträge in Form von Gesamtvideos, umrahmt durch lebendige Moderationen der Lehrkräfte, wodurch eine fast reale Konzertatmosphäre aufkam.
Mit der Teilnahme am sogenannten Balkonsingen, das im Rahmen einer bundesweiten Musizierinitiative zwischen März und Mai 2020 an insgesamt zehn Sonntagen stattfand, setzten zahlreiche Schüler*innen des FILUM gemeinsam mit ihren Eltern ein musikalisches Zeichen der Solidarität. Im Frühsommer 2020 konnte der Präsenzunterricht unter strengen Hygienevorgaben wieder aufgenommen und Proben kleinerer Ensembles ermöglicht werden. Das Jugendsinfonieorchester der Musikschule konnte im Juli 2020 schließlich erstmals wieder ein Konzert vor Publikum spielen.
Im September 2020 demonstrierte das Saxophonensemble SAXISSIMO unter der Leitung von Sylvio Zondler in einer Radiosendung im SWR4, auf welch kreative Weise sie den Mangel an Auftrittsmöglichkeiten ausgleichen.
Quer durch alle Fachbereiche können sich zahlreiche weitere Beispiele anschließen lassen, die eindrücklich illustrieren, wie Schüler*innen und Lehrkräfte sich durch die Umstände zu besonderen musikalischen Projekten haben inspirieren lassen.
Aktuell erfolgt der Instrumental- und Gesangsunterricht an der Musikschule abermals virtuell, wenngleich durch die verbesserten Rahmenbedingungen die Lehrkräfte inzwischen nach einem ausgefeilten Raum- und Hygieneplan auch vom FILUM aus unterrichten können. Die jüngsten Schüler*innen wie Mara und Tim erhalten derweil regelmäßig „EleMu-Post“: liebevoll gestaltete digitale Briefe und Audioaufnahmen. Ihr Frühlingslied stammt aus Bulgarien und erzählt von „Oma März“, deren Laune durch das Tragen von Talismanen besänftigt werden kann. Dem Brauch zufolge stehen diese für den Frühling, Gesundheit und ein langes Leben.
Auch unter den aktuell besonderen Bedingungen ist es Musikschulleiterin Maria Fiedler und dem Leitungsteam am FILUM wichtig, jede und jeden Einzelnen, die/der Anteil am Musikschulalltag hat, bestmöglich zu unterstützen, einen (technischen) Rahmen anzubieten und zugleich Raum für individuelle, kreative und situationsgerechte Herangehensweisen und Lösungen zu schaffen. Von Seiten der Schüler*innen und Eltern haben die Lehrkräfte und Mitarbeiter*innen der Musikschule von Beginn an überaus positive Rückmeldungen für ihr ausdauerndes Engagement und ihren Ideenreichtum erfahren.
Die Website der Musikschule bietet einen farbenreichen Eindruck hiervon. In der Zukunft wird der Musikschulalltag bereichert sein durch die Flexibilität und vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten von virtuellen Angeboten.
Basis und Kernkompetenz der Musikschule Filderstadt und ihrer Lehrkräfte ist und bleibt jedoch der Präsenzunterricht, das gemeinsame Musizieren in Gruppen und Auftritte in Ensembles aller Altersstufen und Fachbereiche. Kein Angebot auf Distanz kann die hier gewonnenen Erfahrungen und die tatsächliche Begegnung miteinander ersetzen.
Mit den Worten zahlreicher Schüler*innen: Das Musizieren ist, mehr noch als bisher, ein wichtiger, starker Anker – und das FILUM ein überregionaler Leuchtturm der musikalischen Breiten- und Spitzenförderung.